Die Bobingen Bereitschaftspraxis in Bobingen wieder öffnen!

Foto: Anna Bergmann

18. November 2020

Seit dem 9. November 2020 ist die Bereitschaftspraxis der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) in der Wertachklinik Bobingen geschlossen. Grund hierfür sei laut KVB der Personalbedarf für eine zentrale Infektpraxis im Augsburger Glaspalast. Grundsätzlich ist eine solche Einrichtung auch zu begrüßen, weil sie Praxenkapazitäten bündelt. Jedoch geht diese Maßnahme nun zu Lasten der (haus-)ärztlichen Versorgung der Bevölkerung im südlichen Landkreis.

Die KVB muss sich also den Vorwurf gefallen lassen, dass sie offensichtlich nicht in der Lage ist, ihrem gesetzlichen Sicherstellungsauftrag gerecht zu werden. Nach dem fünften Sozialgesetzbuch sind die Kassenärztlichen Vereinigungen der Länder dafür zuständig, für eine flächendeckende und ausreichende hausärztliche Versorgung zu sorgen. Dazu zählt auch der über die Telefonnummer 116 117 erreichbare ärztliche Bereitschaftsdienst – auch „Notdienst“ genannt. Nachdem die KVB die Versorgungsgebiete für diesen Bereitschaftsdienst vor einigen Jahren weitestgehend zusammengelegt hat, ist nun außerhalb der hausärztlichen Sprechzeiten nur noch ein Arzt für ein Gebiet zuständig, wo früher bis zu vier Ärzte in Bereitschaft waren. Die Folge: längere Wartezeiten für Patientinnen und Patienten und eine höhere Arbeitsbelastung für die diensthabenden Ärzte. Mit der Einrichtung von Bereitschaftspraxen hätte dem entgegengewirkt werden sollen. Auch Notaufnahmen sollten dadurch entlastet werden. Mit der Schließung der KVB-Praxis im Krankenhaus Bobingen fällt das alles weg.

Wir werden also beobachten, dass wieder mehr Menschen die Notaufnahmen aufsuchen werden, für die der Hausarzt bzw. der ärztliche Bereitschaftsdienst die medizinisch gebotenere Anlaufstelle wäre. Durch die höhere Patientenanzahl, die der mobile Bereitschaftsarzt nun bedienen muss, wird zwangsläufig auch der Rettungsdienst noch mehr in Anspruch genommen werden, der eigentlich für lebensbedrohliche Notfälle konzipiert ist. Man sieht, die Ausdünnung der Bereitschaftsdienste – auch mit der Schließung der Bereitschaftspraxis – wird einen Rattenschwanz nach sich ziehen: Noch vollere Notaufnahmen, noch höhere Einsatzzahlen im Rettungsdienst, der dann ggf. nicht bei lebensbedrohlichen Einsätzen zur Verfügung steht.

Die Schließung der KVB-Praxis offenbart erneut die organisatorischen Probleme, die die KVB schon seit Jahren hat: So mangelt es beispielsweise massiv an einer effektiven und zuverlässigen Organisation des Notarztdienstes, für dessen Besetzung in Bayern auch die Kassenärztliche Vereinigung Verantwortung trägt. Erst Anfang diesen Jahres war teilweise über Tage hinweg an einigen Orten in Bayern kein Notarzt zur Verfügung.

Auch während der Corona-Pandemie hat sich die KVB nicht mit Ruhm bekleckert. Die Kreisverwaltungsbehörden waren lange Zeit auf sich allein gestellt und hätten ärztliche Unterstützung von Seiten der KVB u.a. bei Testungen gut gebrauchen können. Die Liste könnte noch weiter fortgeführt werden.

Die politische Forderung muss sein, dass die KVB ihren Sicherstellungsauftrag ernst nimmt und auch erfüllt. Die Selbstverwaltung des Gesundheitssystems ist gut und recht, jedoch darf es nicht dazu führen, dass sich wesentliche „Player“ aus dem Spiel nehmen und wir das schweigend akzeptieren. Denn die o.g. Probleme werden auf den Rücken von Krankenhäusern, Pflegepersonal und dem Rettungsdienst abgeladen. Der Leidtragende am Ende ist der Patient.

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